Die digitalen Zentralbankwährungen werden kommen

Von Hans Heimburger

Wir erwarten, dass einige große Zentralbanken noch in diesem Jahrzehnt digitale Währungen ausgeben werden. Die Notenbanken in Ländern, in denen Bargeldzahlungen bereits heute auf dem Rückzug sind, werden am schnellsten voranschreiten. Die erste Generation der digitalen Zentralbankwährungen (CBDCs = central bank digital currencies) wird mit Bedacht so gestaltet sein, dass sie den Status quo des Geldgefüges nicht erschüttert. Aber wenn sie einmal etabliert sind, bieten sie mächtige neue politische Werkzeuge. Es wäre naiv zu glauben, dass die Zentralbanken früher oder später nicht in Erwägung ziehen werden, sie einzusetzen.

 

Die digitalen Währungen stehen bei fast allen Notenbanken auf der Agenda

Die meisten Zentralbanken beschäftigen sich inzwischen mit CBDCs. Die ersten, die sie eingeführt haben, waren die Währungshüter in der Karibik. Für Schwellenländer bieten CBDCs eine Möglichkeit, die finanzielle Inklusion zu fördern, die inländischen Zahlungssysteme zu verbessern und den „informellen“ Sektor zurückzudrängen.

Von den großen Zentralbanken ist die Chinesische Notenbank (PBOC = Peoples Bank of China) führend, weil der Übergang zum mobilen Zahlungsverkehr in China weit  fortgeschritten ist und – zum Entsetzen der chinesischen Führung – liegt die Kontrolle über die meisten alltäglichen Zahlungen mittlerweile faktisch in den Händen zweier privater Firmen, nämlich Alibaba (Alipay) und Tencent (WePay).

Innerhalb der G10-Staaten, hat die zunehmend geringere Bereitschaft der schwedischen Bevölkerung physisches Bargeld zu verwenden die Riksbank gezwungen, sich früher als die anderen G10-Länder mit dem Thema auseinanderzusetzen.

In beiden Ländern werden sich die Pilotprojekte in den nächsten Jahren ausweiten. Aber wir bezweifeln, dass CBDCs in China oder  Schweden vor etwa 2025 weit verbreitet sein werden. Die Fed, die EZB und die Bank of Japan bewegen sich noch langsamer.

Mehr Evolution als Revolution

Viel Aufmerksamkeit wurde dem revolutionären Charakter von CBDCs gewidmet, nicht zuletzt ihrem Potenzial, die Geldpolitik zu verbessern und Innovationen wie „programmierbares Geld“ zu ermöglichen.  Aber Zentralbanken haben (wenig überraschend) keine Revolution im Sinn.
Stattdessen präsentieren die großen Zentralbanken CBDCs als eine Antwort auf den langfristigen Rückgang der Bargeldnutzung in vielen Ländern und auf das Eindringen des privaten Sektors in die Zahlungssysteme. Die Verlagerung von Transaktionen auf private Zahlungsnetzwerke könnte diese anfällig für Marktmissbrauch, technische Ausfälle oder Cyberangriffe machen. Und es könnte dazu führen, dass die Geldpolitik an Zugkraft verliert.

Am Beginn wird sich die Bedeutung in Grenzen halten

Der „wasch-mir-den-Pelz-aber-mach-mich-nicht nass“-Ansatz der Zentralbanken impliziert, dass die erste Generation von CBDCs keine größere Auswirkungen auf die Geld- oder Fiskalpolitik haben wird. CBDCs werden physisches Bargeld nicht ersetzen, was bedeutet, dass die effektive Untergrenze weiterhin die verbindliche Grenze für die Geldpolitik sein wird.

Es scheint auch wahrscheinlich, dass CBDCs eine Art Obergrenze für Einlagen oder Transaktionen haben werden, um das Risiko zu mindern, dass sie Einlagen von den Banken abfließen zu lassen. Der Wunsch der Menschen nach physischem Bargeld bleibt hoch, wie die folgende Grafik verdeutlicht.

Diese vorsichtige Herangehensweise bedeutet aber auch, dass die Verbraucher wahrscheinlich keine Vorteile in der Nutzung von CBDCs gegenüber den privaten digitalen Geldbörsen sehen, die die meisten bereits auf ihren Handys haben.

Fazit

Es wird noch einige Zeit dauern, bis CBDCs eine dominierende Rolle in der Welt spielen. Allerdings müssen die Notenbanken eine überzeugende Antwort auf private Zahlungssysteme und die Kryptowährungen geben und das werden sie mit Sicherheit auch tun.