Aufregung im Goldmarkt durch Basel III Verordnung

Von Hans Heimburger

Ende Juni steht Banken in Europa die Umsetzung neuer Eigenkapitalvorschriften ins Haus. Das könnte Institute, die die Sammelverwahrung von Gold und Silber praktizieren, stark belasten. 

Basel III, die seit 2010 schrittweise Neuordnung des Eigenkapitalvorschriften für Banken, tritt ab Ende Juni in eine neue Phase ein. Und die kommenden Änderungen könnten den Edelmetall-Markt erheblich tangieren. Dies betrifft vor allem Gold- und Silberbestände, die von Finanzinstituten in nicht-allokierter Form an Kunden verkauft werden.

Sammelverwahrung von Gold problematisch

Dieses Edelmetall wird in Form einer Sammelverwahrung eingelagert, so dass nicht jeder dedizierte Barren und jede verwahrte Münze direkt einem Kunden als Eigentum zugeordnet werden kann. Im Gegensatz dazu steht die diskrete Einzelverwahrung von Edelmetall. Hier kann jedes einzelne Stück Gold oder Silber als Eigentum eines Kunden identifiziert werden. Und somit wird das so gelagerte Gold nicht als Aktiva der Bank oder des Verwahrers verbucht.

Demgegenüber taucht das Edelmetall in Sammelverwahrung sehr wohl in der Bilanz des Anbieters auf. Der Kunde erhält nur ein verbrieftes Anrecht auf eine bestimmte Menge an Gold oder Silber aus diesen Beständen. Somit ist es theoretisch auch möglich, dass der Anbieter mehr Anteilsscheine verkauft, als er physisch tatsächlich eingelagert hat. Faktisch wird auch so verfahren. Im Zweifel muss man sich kurzfristig Metall organisieren.

Volldeckung unmöglich

Doch für nicht-allokierte Bestände müssen die Banken künftig mehr Eigenkapital zurücklegen, sofern die von der Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) geforderte Mindestkapitalregelung in ihrer Maximalumsetzung umgesetzt werden muss.

Die Gold- und Silber-Branche ist auf jeden Fall beunruhigt. Denn an praktisch allen bedeutenden Handelsplätzen wird Edelmetall nicht in voller Deckung verkauft. Würden alle Besitzer von Papier-Gold-Zertifikaten den physischen Besitz einfordern, so wäre die Goldbranche insolvent.

Das betrifft auch die US-Warenterminbörse COMEX. Dort sind die gehandelten Kontrakte bei den Gold-Futures nur zu einem Bruchteil gedeckt. Die Lage spitzte sich zu Beginn der Corona-Krise im vergangenen Jahr besonders stark zu. Seinerzeit war das gehandelte Gold nur zu 11% physisch hinterlegt: Um die Basel-III-Vorschriften zu erfüllen, müssten die Banken daher entweder ihr Eigenkapital massiv erhöhen, um die erforderlichen Reserven bereitzustellen, oder sie wären gezwungen, ihren Handel mit nicht zugewiesenen Edelmetallen stark zu reduzieren oder ganz einzustellen.“

Gold-Handelsplatz-Vertreter beunruhigt

Unter den kommenden Regelungen müssten Banken nicht zugewiesene Edelmetalle zu 85% ihres Wertes in den Büchern führen, um dann zu bestimmen, wie viel sie an Reserven für diese Vermögenswerte halten müssten.

Ich bin mir sicher, dass Banken nicht in der Lage sein werden ein Vielfaches der Menge an physischen Edelmetallen, die sie jetzt halten, in Besitz zu nehmen und zu verwahren. In der Praxis ist das nicht möglich, weil einfach nicht genug physisches Metall vorhanden ist. Ein weiteres Hindernis ist, dass diese Banken einfach nicht die Lagerkapazitäten haben, um genügend Bestände zu halten, um ausreichende Reserven für ihre Edelmetallanlagen bereitzustellen.

Welche Auswirkungen sind zu erwarten?

Als praktische Auswirkung dieses Teils der neuen Basel-III-Verordnung erwarte ich, dass der Handel mit nicht zugewiesenen Edelmetallen an den Märkten in London und New York fast vollständig eingestellt würde. Der einzige Handel der überleben wird ist jener mit physisch zugewiesenen Metallen. Wie ernst die Lage in der Branche eingeschätzt wird, zeigt eine gemeinsame Initiative der London Bullion Market Association (LBMA) und des World Gold Councils (WGC). Die Organisationen haben am 4. Mai 2021 ein Papier bei der Prudential Regulation Authority, der britischen Aufsichtsbehörde für Banken und den Finanzsektor, eingereicht. Darin fordern sie die Abschaffung der Änderungen der Basel-III-Standards im Handel mit nicht zugewiesenen Edelmetallen.

Explodierende Preise für Gold und Silber?

Die Umsetzung der neuen Vorschriften würde die Fähigkeit der Banken zum Clearing und zur Abwicklung des Edelmetallhandels untergraben, Liquidität aus diesem Markt abziehen, die Finanzierungskosten solcher Geschäfte stark erhöhen und die Zentralbankgeschäfte mit Edelmetallen einschränken.

Selbst wenn es eine zeitliche Verschiebung der Umsetzung für britische Institute geben würde oder man die „Schweizer Interpretation“ der Regeln durchsetzt (Geltung nur für unausgeglichene Positionen auf beiden Seiten der Bilanz einer Bank), wird es sehr wahrscheinlich zu enormen Preiseffekten kommen.