Das Wachstum wird enttäuschen – die Zinsen werden trotzdem steigen

Von Hans Heimburger

Wie sehen die Wachstumsperspektiven für das Jahr 2022 in den wichtigsten Volkswirtschaften aus? Unser Researchprovider, Capital Economics, gibt einen komprimierten Überblick:

Genereller Überblick:

Das globale Wachstum wird in diesem Jahr langsamer sein als im letzten Jahr, und wir erwarten, dass die Ergebnisse in den großen Volkswirtschaften, einschließlich der USA und Chinas, unter den Konsensprognosen liegen werden. Die US-Wirtschaft wird durch den anhaltenden
Arbeitskräftemangel und eine geringere fiskalpolitische Unterstützung beeinträchtigt werden, während China unter einer Verlangsamung des Exportwachstums und und einer weiteren Schwäche im Immobiliensektor leiden wird. Die Gesamtinflation wird höchstwahrscheinlich sinken, aber wir erwarten, dass die Kerninflation  in den Industrieländern hoch bleiben wird, da der Arbeitskräftemangel anhält und das Lohnwachstum anzieht. Dementsprechend werden die meisten Zentralbanken die Zinssätze anheben, wobei China eine bemerkenswerte Ausnahme bilden wird.

Amerika:

Das Wachstum wird in diesem Jahr wahrscheinlich enttäuschen, da die hohe Inflation die Kaufkraft untergräbt, der Arbeitskräftemangel anhält und die finanzpolitische Unterstützung nachlässt. Die US-Notenbank wird die geldpolitische Straffung dennoch fortsetzen.
Wir gehen davon aus, dass das Zielband für die Fed Funds Rate (die US-Leitzinsen) bis Ende 2023 zwischen 2,00 % und 2,25 % liegen wird.

Eurozone:

Das robuste Verbrauchervertrauen und die hohen Ersparnisse der privaten Haushalte sind gute Voraussetzungen für einen überdurchschnittlichen Kosum, aber die Erholung wird vermutlich nicht so ausgeprägt sein, wie die EZB annimmt. Der Preisdruck wird zu Zinserhöhungen führen aber wahrscheinlich nicht vor 2023.

UK:

Die besonders hohe und anhaltende Inflation wird die Bank of England dazu veranlassen, die Zinssätze schneller anzuheben als die meisten in diesem Jahr erwarten und es besteht das Risiko weiterer Zinserhöhungen im Jahr 2023.

Japan:

Auch wenn Omicron die Versorgungsengpässe verschärfen könnte, wird die Inflation deutlich unter 2 % bleiben, so dass die Bank of Japan weiterhin eine sehr lockere Geldpolitik betreiben kann.

China:

China wird unter einer weiteren Verlangsamung des Immobiliensektors leiden. Monetäre Unterstützung seitens der People’s Bank of China sollte die Situation im weiteren Verlauf des Jahres verbessern aber strukturelle Gegenwinde werden das Ausmaß eines Aufschwungs begrenzen.

Indien:

Das Wachstum wird in diesem Jahr stärker ausfallen als im letzten Jahr, und die Leitzinsen werden stärker angehoben werden, als dies die meisten erwarten.

Lateinamerika:

Das Wachstum wird in diesem Jahr zurückbleiben; die Zentralbanken werden im nächsten Jahr einen Teil ihrer aggressiven Straffung zurücknehmen.