Die Europäische Zentralbank (EZB) und die amerikanische Notenbank (Fed) befinden sich aus unterschiedlichen Gründen in einem erheblichen Spannungsfeld.
Die EZB mutiert zum Staatsfinanzierer
Die Währungshüter im Franfurter Eurotower kündigten neue geldpolitische Lockerungen an. Nebst den Rezessionssorgen, scheinen hier vor allem die Schuldentragfähigkeit diverser europäischer Staatshaushalte im Vordergrund zu stehen. Unter dem Eindruck jüngst deutlich gesunkener Steuereinnahmen scheint die Damen und Herren Notenbanker eine gewisse Panik zu befallen.
Da die Notenbank ihren extremen Krisenleitzins trotz jahrelanger Konjunkturhausse gehalten hat, ist der Verdacht vielmehr erhärtet, dass sie (auch) andere Ziele verfolgt. Mit der offenbar bevorstehenden Durchsetzung von Negativ- und Tiefstzinsen zielt die EZB daher wohl auf zweierlei ab: die seit der Finanzkrise 2008 bei Privathaushalten, Staaten und Unternehmen gestiegenen Schulden zu beherrschen und Vermögensverluste zu vermeiden. Die niedrige Inflationsrate sehen wir daher als Vorwand, um neue expansive Impulse zu setzen. Die schädlichen Nebenwirkungen dieser Geldpolitik werden wohl zunehmen. Hierzu zählen wir vor allem einen geringen Reformwillen von Regierungen, fehlallokierte Kredite, belastete Banken und Vorsorgeeinrichtungen und ein für den Lohnanstieg gefährlich niedriges Produktivitätswachstum.
Die Pferde stehen im Wasser und saufen nicht
Das Zinsniveau ist nun mal bereits derart niedrig, dass neue Investitionsprojekte von weiteren Basispunkten nicht mehr angeschoben werden dürften. Ihnen stehen vielmehr stark getrübte Absatzerwartungen aufgrund der beständig sinkenden Auslandsnachfrage entgegen. Ähnlich verhält es sich bei der Inflationsrate: Gegen strukturell dämpfende Effekte, wie sie etwa seitens der Globalisierung, Digitalisierung und Demografie bestehen, ist die EZB machtlos. Mit neuen Lockerungen würde sie wachstums- und inflationsseitig also ein totes Pferd reiten.
Fed-Chef Jerome Powell im Kreuzfeuer der Kritik von Donald Trump
Nachfolgend ein Tweet von Herrn Trump vom 21.08.2019:
„…Doing great with China and other Trade Deals. The only problem we have is Jay Powell and the Fed. He’s like a golfer who can’t putt, has no touch. Big U.S. growth if he does the right thing, BIG CUT – but don’t count on him! So far he has called it wrong, and only let us down….“
(Wir erzielen Erfolge mit China und anderen Handelsvereinbarungen. Das einzige Problem, das wir haben, ist Jay Powell und die Fed. Er ist wie ein Golfer, der nicht putten kann und kein Gefühl hat. Großes Wachstum in den USA, wenn er das Richtige tut, Große Zinssenkung – aber zählen Sie nicht auf ihn! Bisher hat er nicht genug unternommen und uns nur im Stich gelassen …)
Auch frühere US Präsidenten versuchten die Notenbank zu beeinflussen und ihre Chancen auf eine Wiederwahl mit einer lockeren Geldpolitik zu erhöhen. Allerdings wurde dies kaum in der Öffentlichkeit ausgetragen und bestimmt nicht derart unter der Gürtellinie.
Die Fed muss sehr aufpassen, dass sie ihre Unabhängigkeit mit Zähnen und Klauen verteidigt. Die aktuellen Wirtschaftsdaten aus Amerika, mit einem extrem robusten Arbeitsmarkt und fast unglaublich stabilen Konsumausgaben, würden eine Serie von (weiteren) Zinssenkungen absolut nicht rechtfertigen. Mit großer Spannung wird auf die heutige Rede von Jerome Powell auf dem Notenbanksympoium in Jackson Hole, Wyoming, gewartet.
Fazit: die Notenbanken stehen im Blickpunkt der Finanzmärkte, wie kaum jemals zuvor in der Geschichte. Ohne immer neue Massen von billigem Notenbankgeld droht das ganze Schuldengebilde in sich zusammen zu fallen. Mag sein, dass dies auch weiterhin irgendwie funktioniert. Der Point of no return ist vermutlich bereits überschritten.