US-Ölindustrie schaut in den Abgrund – mit fatalen Folgen

Von Hans Heimburger

Es heißt „Game Over“ für den Großteil der US-amerikanischen Ölindustrie. Die Preise sind kollabiert und die Lager nahezu voll. Je länger die Ölpreise auf dem derzeit niedrigen Niveau verweilen, desto größere Schwierigkeiten dürften die US-Schieferöl-Unternehmen (Fracker) bekommen.

Der aktuelle Ölpreis liegt deutlich unter den Gestehungkosten

Die Fracking-Unternehmen benötigen zwischen 46 und 52 USD je Barrel um kostendeckend arbeiten zu können. Bereits vor der Corona Krise waren die Schieferöl-Unternehmen hoch verschuldet. Aussitzen können sie die niedrigen Ölpreise also nicht. Die einzige Möglichkeit für viele Produzenten ist die Schließung ihrer Anlagen. Das bedeutet fehlendes Einkommen und mit den hohen Schulden folgt dann die Insolvenz. Für die US-Wirtschaft und damit auch für die Weltwirtschaft ist das eine Katastrophe. Doch viele Menschen und politische Entscheidungsträger sind sich dessen nicht bewusst, wie wichtig die Energiebranche für die Gesamtwirtschaft ist und wie schwerwiegend deren Zusammenbruch wäre.

Viele fragen sich, warum die USA als Initiator der jüngst beschlossenen Förderkürzung lediglich 250.000 Barrel pro Tag zur Drosselung beisteuern. Dies liegt zum einen daran, dass die US-Regierung, anders als Saudi-Arabien und Russland, keinen direkten Einfluß auf die privaten Ölkonzerne hat. US-Präsident Trump hat stets betont, daß die niedrigen Ölpreise automatisch dazu führen werden, daß die US-Konzerne ihre Produktion einschränken werden, weil es sich schlicht weg nicht lohnt. Die US-Ölproduktion ist in den vergangenen Wochen zwar bereits gesunken, allerdings noch nicht deutlich genug. Mitte März waren noch 700 Bohrquellen aktiv, Mitte April noch 438. Damit sank die US-Produktion von 13.1 auf 12.3 Mio. Barrel pro Tag. Es ist davon auszugehen das in den nächsten Wochen weitere finanzschwache Unternehmen die „weiße Flagge“ hissen.

Anfang April startete die Notenbank von Dallas eine Umfrage unter rund 200 US-Öl-Unternehmen. Diese rechnen bis Ende 2020 durchschnittlich mit Ölpreisen im Bereich von 40 USD je Barrel.

15% der Unternehmen gaben an, bei solchen Preisen keine 12 Monate überleben zu können, weitere 25% würden es bei diesen Preisen maximal 2 Jahre schaffen.  Aktuell bekommt man für die Ölsorte WTI kaum mehr als 20 USD. Sollten sich die Ölpreise nicht schnell wieder in den Bereich von 60 USD (das wäre eine Verdreifachung!) bewegen, wäre das der schleichende Tod für die US- Ölbranche, mit verheerenden Folgen für die Weltwirtschaft.  Da sich die Weltwirtschaft nach dem Shut-Down wahrscheinlich nicht dynamisch nach oben bewegt, könnte eine gleichzeitig langsame Erholung der Ölpreise für sehr viele US-Ölunternehmen zu spät kommen.

Zeit für Erneuerbare Energien?

Diejenigen, die im Abschwung des Öls eine Möglichkeit für erneuerbaren Energie sehen, sollten noch einmal darüber nachdenken. Die Produktion von Solarpanelen, Windturbinen und Elektrofahrzeugen hängt an jedem Teil der Lieferkette von Diesel ab; von der Extraktion bis hin zum Vertrieb der Endprodukte. Eine Welt, die sich in einer wirtschaftlichen Depression befindet, wird sich auf die billigsten und produktivsten Brennstoffe verlassen.
Öl wird eine lange Zeit lang günstig und ergiebig bleiben. Es wird weniger Geld oder Investitionsbereitschaft nach massiven Ausrüstungsänderungen geben, die erneuerbare Energiequellen voraussetzen. Der Klimawandel wird nicht mehr an vorderster Front in den Köpfen der Menschen stehen, besonders nicht bei denen, die mit dem Überleben zu kämpfen haben.

Energie ist Wirtschaft

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder GDP verläuft proportional zum Ölverbrauch (Anhang 1). Grund dafür ist die Tatsache, dass Öl die Wirtschaft ist. Jeder Aspekt der Produktion und die Verwendung von Waren und Dienstleistungen setzt eine Verbrennung von fossilen Energien voraus. Keine andere Energiequelle kommt nur annähernd an das Niveau der Energiedichte von Öl heran.

Eine Weltwirtschaft mit Energie aus Quellen mit niedriger Energiedichte wie Wind und Solar wird nicht funktionieren.

Die Folgen eines Öl-Crash

Einer Umfrage zufolge schätzen 17 der größten Investmenthäuser, dass das US-BIP 2020 durchschnittlich um 30% bis 35% kontrahieren würde, innerhalb von einer Spanne von 9% bis 50%.

Die Korrelation, die in Anhang 1 gezeigt wird, deutet an, dass es um etwa 20% – 25%, basierend auf einem Rückgang des US-Ölverbrauchs abnehmen wird. Jeder Wert innerhalb dieses Spektrums ist katastrophal.

Viele Volkswirtschaftler warnen bereits davor, dass das US-Finanzsystem aufgrund zunehmender Zahlungsausfälle kollabieren könnte. Ca. 25% der US-Mieter haben im April ihre Miete nicht bezahlt und 23% der Amerikaner haben im April keine Hypothek abbezahlt. Wenn die Leute ihre Gläubiger nicht bezahlen, dann können diese wiederum ihre eigenen Gläubiger (Banken) nicht befriedigen.

Schlussfolgerung

Vielleicht werden Sie meine Analyse zu pessimistisch empfinden, ich hoffe es für uns alle auch.

Die Rohölmärkte tun dies aber nicht. Negative WTI-Futurespreise in der letzten Woche hätten kein stärkeres Signal für die Produzenten senden können.