Was wird aus Chimerica?

Von Hans Heimburger

Die Dekade der „Entkoppelung“ hat bereits begonnen

Mit dem Begriff „Chimerica“ bezeichnete einst der Harvard Historiker, Niall Ferguson, die Handelspartnerschaft zwischen China und den USA. Doch die Fassade bekommt immer mehr Risse. Die USA haben dem Telekommunikationsausrüster Huawei sämtliche Aktivitäten in den USA untersagt und auch die westlichen Partner sollen sich dieser Sanktion anschließen. Der Vorwurf wiegt schwer: Spionage! Und da passt es ins Bild, das Präsident Donald Trump die chinesische Kurzvideo App Tiktok mit einem Bann belegt. Hintergrund sind Sicherheitsbedenken, die sich momentan nicht erhärten aber auch nicht entkräften lassen. Wer verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff Tiktok? Es handelt sich dabei um eine Social Media App, die innerhalb kürzester Zeit alle Rekorde bricht.

„Noch nie zuvor hat eine mobile Unterhaltungssoftware in so kurzer Zeit Nutzer für sich gewinnen können. Zwei Milliarden Nutzer sind es seit April dieses Jahres. Damit ist die Smartphone-Software nicht nur ein globales Phänomen, sondern zudem das erste soziale Netzwerk weltweiter Bedeutung, das von einem chinesischen Unternehmen stammt. Eigner ist der Pekinger Softwarekonzern Bytedance stammt“ schreibt dazu die FAZ.

Trumps aktuelle Umfragewerte schwächeln

Ob dies nur der Anfang einer weiteren Spaltung der Handelsbeziehungen zwischen den USA und China ist bleibt abzuwarten, ist aber sehr wahrscheinlich in einem sehr starken Bezug zum US-Wahlkampf zu sehen. „Noch Präsident“ Donald Trump versucht seinen Rückstand in den aktuellen Umfragen gegenüber dem Herausforderer Joe Biden durch eine sehr harte Gangart gegenüber Peking zu reduzieren.

Das Handelsabkommen wird in Frage gestellt

Dabei sah es Ende 2019 so aus als könnte man in eine Phase der Deeskalation eintreten. Zuvor verhängte Zölle wurden ausgesetzt, gegenseitige Handelsabkommen unterzeichnet. Aber dann kam Corona und die USA hatten in ihrer auf Eskalation ausgelegten Rhetorik sehr schnell einen Schuldigen: China! Und somit waren die mühsam ausgehandelten Verträge Makulatur. Hinzu kommt, dass die chinesischen Behörden ein Importstopp für Sojabohnen erlassen haben. Die ohnehin schlechten amerikanischen-chinesischen Beziehungen haben sich durch diese Maßnahme noch einmal merklich abgekühlt.

„Besonders deutlich ist das dieser Tage in Hongkong, der neuen Frontstadt dieses Konflikts zu beobachten: Nachdem der Nationale Volkskongress in Peking Ende Mai ein neues Sicherheitsgesetz für die ehemalige Kronkolonie gebilligt hat, kündigte Trump an, den ökonomischen Sonderstatus Hongkongs zu beenden, Washington werde – sobald das umstrittene Gesetz in Kraft tritt – die chinesische Sonderverwaltungszone als einen Teil der Volksrepublik betrachten. Die amerikanischen Strafzölle würden dann auch in Hongkong gelten, vor allem aber könnte es den Bankenstandort und Handelsplatz empfindlich treffen“ schreibt dazu die Süddeutsche Zeitung.

Fazit:

Ob sich die Wähler in den USA von der aktuellen Eskalationspolitik ihres Präsidenten beeindrucken lassen und sich die Umfragewerte verbessern oder es gar zu einer Wiederwahl Trumps im November kommt – ist längst nicht entschieden. Die politische Führung Chinas wird in Phasen von Corona, wo das wirtschaftliche Wachstum weltweit erst langsam wieder ins Rollen kommt, konsequent die Binnenkonjunktur stärken. Breits jetzt sind weitere Maßnahme beschlossen worden, um mit staatlichen Hilfen die Binnennachfrage zu stützen. So wird sehr viel Geld in die Hand genommen, um Infrastruktur-Programme in China zu starten. Fachleute sind sich aber einig, dass diese Maßnahmen nur ein kurzfristiger Stimulus sein können. Umso wichtiger sind Erfolgsmeldungen aus dem Tech Sektor wie sie in diesen Tagen von Tiktok vermeldet werden.

Vielleicht erleben wir in Zukunft einen dynamisch wachsenden Technologiesektor mal außerhalb der USA.